Change Management

Neue Software einführen: So gelingt Change Management im Service und After-Sales

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Warnmeldungen der Synctive IoT-Plattform anzeigen Vibration Alert für vorbeugende Maschinenwartung

Wenn bewährte Methoden an ihre Grenzen stoßen

Im Maschinen- und Anlagenbau ist der Alltag geprägt von eng getakteten Produktionsplänen, straffen Lieferketten und den ständigen Anforderungen der Kunden. Gleichzeitig werden die Maschinen komplexer, die Technologien anspruchsvoller, und der Fachkräftemangel fordert immer wieder kreative Lösungen. Viele Unternehmen beweisen, dass sie diese Herausforderungen meistern können – oft mit großem Einsatz und persönlichem Engagement.

Doch dann kommt der Punkt, an dem sich Prozesse, Strukturen oder sogar Denkweisen ändern müssen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Ob neue Software, digitalisierte Abläufe oder der Sprung ins IoT-Zeitalter: Solche Veränderungen gehen weit über die technische Umsetzung hinaus. Sie betreffen das Team, Arbeitsweisen und das Unternehmen als Ganzes.

Und hier setzen Veränderungen an, die – so herausfordernd sie auch wirken – oft den Grundstein für langfristigen Erfolg legen. Aber wie macht man den ersten Schritt, ohne das Bestehende zu gefährden? In diesem Artikel lernen sie systematisches Change Management als Antwort darauf kennen.

Das 8-Stufen-Modell von John Kotter

Das 8-Stufen-Modell von John Kotter gilt als eines der bewährtesten Modelle im Change Management. Es beschreibt einen klar strukturierten Prozess, um Veränderungsprojekte erfolgreich durchzuführen:

Das 8-Stufen-Modell Change Management von John Kotter
  1. Dringlichkeit schaffen: Verdeutlichen, warum der Wandel nötig ist.
  2. Eine Führungskoalition aufbauen: Einflussreiche Akteure einbeziehen, um das Projekt zu unterstützen.
  3. Vision und Strategie entwickeln: Ein klares Ziel und passende Strategien formulieren.
  4. Die Vision kommunizieren: Die Vorteile und Ziele des Wandels an die Belegschaft vermitteln.
  5. Hindernisse beseitigen: Barrieren wie Widerstände oder ineffiziente Prozesse abbauen.
  6. Kurzfristige Erfolge erzielen: Kleine, sichtbare Erfolge erreichen, um Motivation aufzubauen.
  7. Veränderungen vorantreiben: Die Dynamik des Wandels nutzen, um weitere Initiativen zu starten.
  8. Erfolge in der Unternehmenskultur verankern: Den Wandel langfristig in den Strukturen und Prozessen sichern.

Dr. Mary Lippitts Modell: Managing Complex Change

Dr. Mary Lippitt entwickelte ein praxisorientiertes Modell, das sich besonders für die Bewältigung komplexer Veränderungen eignet. Es legt den Fokus auf fünf wesentliche Elemente, die für den Erfolg jeder Veränderung entscheidend sind: Vision, Fähigkeiten, Anreize, Ressourcen und Aktionsplan. Das Modell hebt hervor, wie das Fehlen eines dieser Elemente spezifische Probleme verursachen kann und wie diese rechtzeitig identifiziert und adressiert werden können.

Vision, Skills, Incentives, Resources, Action Plan

Die 5 Kernkomponenten im Detail

1. Vision
Eine klare Vision ist das Fundament jeder Veränderung. Sie dient als Leitbild und erklärt, warum der Wandel notwendig ist und welches Ziel erreicht werden soll.

    • Fehlt die Vision, entsteht Verwirrung, da die Beteiligten den Zweck und die Richtung des Veränderungsprozesses nicht verstehen.
    • Beispiel: Bei der Einführung eines IoT-Ticketsystems ohne klare Vision könnten Mitarbeiter nicht erkennen, wie dieses System ihre Arbeit erleichtert oder welchen Mehrwert es für Kunden bietet.


2. Fähigkeiten (Skills)
Veränderungen erfordern oft neue Kompetenzen. Mitarbeiter müssen durch gezielte Schulungen und Weiterbildungen in die Lage versetzt werden, die neuen Prozesse oder Technologien sicher anzuwenden.

    • Fehlen diese Fähigkeiten, fühlen sich die Betroffenen unsicher, was zu Angst und Zurückhaltung führen kann.
    • Praxis-Tipp: Frühzeitige Schulungsmaßnahmen für Key-User und praxisnahe Trainings für Endnutzer helfen, Unsicherheiten abzubauen.
 

3. Anreize (Incentives)
Motivation spielt eine zentrale Rolle, um Widerstände zu minimieren. Anreize sollten konkrete Vorteile für die Nutzer der neuen Systeme aufzeigen, sei es in Form von Zeitersparnis, höherer Effizienz oder besserer Arbeitsqualität.

    • Ohne Anreize fehlt die Bereitschaft, sich aktiv einzubringen, und Widerstand gegen die Veränderung wird wahrscheinlicher.
    • Beispiel: Service-Mitarbeiter könnten skeptisch gegenüber einem neuen Ticketsystem sein, wenn ihnen der persönliche Nutzen (z. B. geringerer Verwaltungsaufwand) nicht klar kommuniziert wird.
 

4. Ressourcen
Für einen erfolgreichen Wandel müssen die erforderlichen Tools, Zeit und Unterstützung bereitgestellt werden.

    • Fehlen diese Ressourcen, entsteht Frustration, weil die Beteiligten sich nicht in der Lage fühlen, die Anforderungen zu erfüllen.
    • Praxis-Tipp: Stellen Sie sicher, dass technische Infrastruktur wie Laptops, Software-Tools oder Support-Dienstleistungen verfügbar sind, bevor der Rollout beginnt.
 

5. Aktionsplan
Ein detaillierter Plan, der die einzelnen Schritte, Verantwortlichkeiten und Meilensteine definiert, ist unerlässlich.

    • Ohne einen klaren Plan herrscht Unsicherheit darüber, wer was wann tun soll. Dies kann zu Chaos und ineffizienter Umsetzung führen.
    • Beispiel: Ein IoT-Projekt ohne klare Meilensteine und Verantwortlichkeiten riskiert Verzögerungen und mangelnde Koordination zwischen Abteilunge

Verknüpfung der Change Management Elemente

Das Modell zeigt, dass der Erfolg von Veränderungen maßgeblich davon abhängt, wie gut diese fünf Elemente miteinander harmonieren. Schon das Fehlen eines einzigen Aspekts kann den gesamten Prozess gefährden. Daher empfiehlt es sich, bereits in der Planungsphase eine systematische Analyse dieser Faktoren durchzuführen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

False outcomes, Dr. Mary Lippitts Modell: Managing Complex Change
Ihr nächster Schritt

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Fallbeispiel: Ticketsystem im Service einführen

Ausgangslage: Alte Zöpfe und neue Wege

In einem mittelständischen Maschinenbauunternehmen läuft der Serviceprozess seit Jahren nach dem gleichen Muster ab: Kunden melden Störungen telefonisch oder per E-Mail, die dann manuell auf Papierformularen festgehalten werden. 

Die Ausgangslage verdeutlicht typische Schwachstellen:

  • Verzögerungen: Servicefälle werden auf Papier festgehalten, was die Bearbeitungszeit erheblich verlängert.
  • Informationsverluste: Wichtige Details gehen durch die manuelle Übertragung verloren.
  • Intransparenz: Der Status offener Servicefälle ist weder für das Team noch für die Kunden klar ersichtlich.
  • Kundenzufriedenheit: Lange Reaktionszeiten führen zu Unzufriedenheit und möglichen Kundenverlusten.
  • Steigende Kosten: Ineffiziente Prozesse verursachen unnötige Ausgaben und verringern die Wettbewerbsfähigkeit.

Die Geschäftsführung erkennt, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Zielsetzung: Einführung eines IoT-basierten Ticketsystems

Die Vision ist klar: Durch die Implementierung eines modernen, digitalen Ticketsystems sollen Serviceprozesse digitalisiert, automatisiert und somit effizienter gestaltet werden. Doch wie gelingt ein solcher Wandel, ohne dass das Team dabei überfordert wird?

Ticketsystem Service und After Sales

Der Change-Management-Prozess: Doppelter Boden mit Kotter und Lippitt

Um den Wandel zu meistern, greifen die Verantwortlichen sowohl auf Kotters 8-Stufen-Modell als auch auf das Modell von Dr. Mary Lippitt zurück. Während Kotter die Phasen der Veränderung strukturiert, fokussiert Lippitt auf die Treiber des Wandels und die Bereitschaft der Organisation.

1. Dringlichkeit schaffen (Kotter) & Vision entwickeln (Lippitt)
Zunächst verdeutlicht die Geschäftsführung die Notwendigkeit der Veränderung. Sie präsentiert Zahlen: lange Reaktionszeiten, unzufriedene Kunden und steigende Kosten. Das Team erkennt, dass es so nicht weitergehen kann.

2. Führungskoalition bilden (Kotter) & Skills aufbauen (Lippitt)
Ein Projektteam aus Serviceleitern, IT-Experten und Technikern wird zusammengestellt. Durch die Einbindung von Schlüsselpersonen aus verschiedenen Abteilungen fließen alle Perspektiven in die Planung ein.

3. Strategie entwickeln (Kotter) & Fokus auf Anreize (Lippitt)
Gemeinsam entwickelt das Team ein nahtloses, digitales Serviceerlebnis. Die Strategie ist bewusst pragmatisch: Zunächst wird nur das Ticketsystem eingeführt. Es soll als Pilotprojekt zeigen, wie man durch Digitalisierung Prozesse verbessern kann, ohne die Mitarbeitenden zu überfordern. Die klare Ansage: Kein Big Bang, sondern ein erster, machbarer Schritt.

Damit die Belegschaft mitzieht, werden konkrete Vorteile kommuniziert:

  • Für Techniker: Weniger Papierkram und mehr Zeit für die eigentliche Arbeit.
  • Für Serviceleiter: Eine Echtzeit-Übersicht über laufende Fälle.
  • Für Kunden: Schnellere Rückmeldungen und Lösungen.

Diese Anreize werden offen kommuniziert, ohne zu übertreiben: „Das System löst nicht alle Probleme, aber es hilft, unseren Service besser zu machen.“

4. Vision kommunizieren (Kotter) & Ressourcen bereitstellen (Lippitt)
In Workshops und Meetings stellt das Projektteam die Vision vor. Offene Fragen werden beantwortet, und es wird transparent gemacht, welche Vorteile die neue Software für jeden Einzelnen bietet. Gleichzeitig wird Wert auf transparente Kommunikation gelegt: Niemand muss Perfektion von Tag 1 an erwarten – Fehler gehören dazu.

5. Hindernisse aus dem Weg räumen (Kotter) & Aktionsplan umsetzen (Lippitt)
Jeder Wandel stößt auf Widerstände, und genau das adressiert das Projektteam direkt. Typische Hürden wie die Angst vor Veränderungen oder Zweifel an der Sinnhaftigkeit werden in individuellen Gesprächen und Teamrunden thematisiert.

Zusätzlich wird ein Aktionsplan mit klaren Schritten erstellt. Der Plan ist realistisch und enthält keine überzogenen Versprechungen. Er zeigt, dass die Einführung kein einmaliges Ereignis ist, sondern ein Prozess, der begleitet wird.

6. Kurzfristige Erfolge erzielen (Kotter)
Ein wichtiger Bestandteil des Projekts ist das Erreichen kleiner, messbarer Erfolge. Schon in der Testphase zeigt sich, dass die Bearbeitungszeit für Tickets um durchschnittlich 30 % sinkt. Dieses Ergebnis wird direkt kommuniziert, um das Vertrauen der Mitarbeitenden zu stärken.

7. Veränderung weiter vorantreiben (Kotter)
Auf Basis des Pilotprojekts nimmt das Team Anpassungen vor. Das System wird unternehmensweit ausgerollt, und Feedback-Schleifen sorgen für kontinuierliche Optimierungen.

8. Veränderungen in der Kultur verankern (Kotter)
Nach dem erfolgreichen Rollout ist der Job noch nicht erledigt. Jetzt geht es darum, die neuen Prozesse in die Unternehmenskultur zu integrieren. Das Ticketsystem wird in die Standardarbeitsanweisungen aufgenommen, und Erfolge werden regelmäßig sichtbar gemacht

Ergebnis: Mehr Effizienz und Transparenz im Service durch Change Management

Die Einführung des digitalen Ticketsystems zeigt messbare Erfolge:

  • Reaktionszeit: Die durchschnittliche Reaktionszeit sinkt von 24 auf 6 Stunden.
  • Kundenzufriedenheit: Die positiven Kundenfeedbacks steigen um 40 %.
  • Transparenz: Alle offenen Tickets und deren Bearbeitungsstatus sind in Echtzeit einsehbar.

Die Mitarbeitenden stellen überrascht fest, wie die neue Software nicht nur ihre Arbeit erleichtert, sondern auch das Betriebsklima verbessert. Durch das erfolgreiche Change Management meistert das Unternehmen den Wandel und schafft nachhaltigen Mehrwert.

Service Techniker Ticketsystem

Fazit

Die Einführung neuer Software im Service und After-Sales ist kein Selbstläufer – sie erfordert sorgfältiges Change Management, klare Kommunikation und die Einbindung aller Beteiligten. Mit den bewährten Modellen von Kotter und Lippitt lassen sich typische Hürden systematisch überwinden, sodass der Wandel nicht nur erfolgreich, sondern auch nachhaltig wird. Die Praxis zeigt: Mit einer klaren Vision, den richtigen Fähigkeiten, Anreizen und Ressourcen kann aus einer Herausforderung eine echte Chance für mehr Effizienz, Transparenz und Kundenzufriedenheit werden.

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